Heiraten mit Sinn, Verstand und Blick aufs Konto
17.04.25
19 min
Die Liebe darf romantisch sein – wenn du die rosarote Brille auch mal absetzt. Denn die Ehe hat nicht nur emotionale, sondern auch finanzielle Dimensionen, und die können dein Leben in vielerlei Hinsicht verändern. Wir schauen gemeinsam auf das, was wichtig ist: vor der Hochzeit, während der Ehe und im Alter.

Wer frühzeitig die (gemeinsamen) Finanzen plant, behält den Überblick, kann Kosten realistisch einschätzen und die finanziellen Rahmenbedingungen der Ehe so gestalten, dass sie für beide passen. Ob Steuerklassenwechsel, gemeinsames Konto oder die Frage nach dem Güterstand: Ein offener Blick auf die Finanzen schützt in guten Zeiten – und kann im Konfliktfall Sicherheit bieten.
Heiraten mit Herz und Hirn
Liebe und Geld sollten nicht in Konkurrenz stehen. Du kannst beides klug miteinander verbinden und so für die Zukunft vorsorgen. Eine offene und transparente Kommunikation über die Finanzen (schon vor dem Jawort!) kann euch in der Ehe helfen, Konflikte von vornherein zu vermeiden. Überlegt frühzeitig, wer welche finanziellen Verantwortlichkeiten übernimmt, zum Beispiel monatliche Ausgaben für Miete, Versicherungen, Lebensmittel etc.
Denkt auch an die langfristige Absicherung: Die Altersvorsorge sollte unbedingt ein Thema sein, vor allem, wenn der Partner oder die Partnerin längere Zeit aus dem Beruf ausscheidet, zum Beispiel für die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen.

Realistische Einschätzung: Was kostet eine Hochzeit wirklich?
Luxushochzeit auf dem Schloss oder kleine Grillparty mit engsten Freundinnen und Freunden? Dazwischen gibt es jede Menge Abstufungen – auch was das Geld angeht. Für die meisten Paare liegt das Budget für die Hochzeit irgendwo zwischen 5.000 und 20.000 Euro. Dabei lohnt es sich, vorher genau festzuhalten, was euch wirklich wichtig ist. Denn der gelungene Start ins Eheleben muss nicht vom Bankkonto diktiert werden. Auch klein und fein zu zweit oder mit dem engsten Kreis kann wunderschön und feierlich sein, ohne riesigen finanziellen Aufwand.
Heiraten: ja – mit Blick auf die Steuern
Was verändert sich durch die Eheschließung rechtlich und finanziell? Heiraten heißt nicht nur Ja sagen. Es verändert eure steuerlichen, rechtlichen und versicherungstechnischen Rahmenbedingungen. Ein Blick auf die Steuerklasse ist essenziell, um gemeinsam das Einkommen effektiv zu verwalten. Nach der Heirat ändert sich (mit dem Tag der Eheschließung) eure Steuerklasse automatisch in IV/IV, falls ihr keine andere beantragt. Je nach Einkommenssituation könnt ihr euch für unterschiedliche Kombinationen entscheiden:
IV/IV ist die Standardkombination direkt nach der Eheschließung. Hier bezahlen beide Lohnsteuer nach der gleichen Methode, unabhängig vom Einkommensunterschied. Geeignet für Paare mit ähnlichem Einkommen.
III/V mit Ehegattensplitting solltet ihr dann in Betracht ziehen, wenn dein Partner oder deine Partnerin ein deutlich höheres oder niedrigeres Einkommen hat als du. Die Person mit dem höheren Einkommen wählt die Steuerklasse III, die andere Person erhält die Steuerklasse V. In Summe ergeben sich hier entsprechend die größten steuerlichen Vorteile. Geeignet für Paare mit hoher Einkommensdifferenz (mindestens im Verhältnis 60 Prozent zu 40 Prozent).
IV/IV mit Faktorverfahren soll für mehr Fairness bei Paaren mit unterschiedlich hohem Einkommen sorgen. Das Faktorverfahren gleicht die Vorteile des Ehegattensplittings bereits während des laufenden Jahres aus. Die Lohnsteuer wird auf beide prozentual fair verteilt, sodass niemand unverhältnismäßig viel vorauszahlen muss. Geeignet für Paare mit unterschiedlichem Einkommen, die Steuernachzahlungen vermeiden wollen.
Beim Ehegattensplitting (siehe Kombination III/V) werden Ehepaare steuerlich zusammen veranlagt. Das bedeutet: Das Finanzamt addiert beide Einkommen, halbiert den Betrag und nimmt diesen als Grundlage zur Berechnung der Einkommenssteuer, die dann gleichmäßig auf beide verteilt wird. Eine Person hat gar kein Einkommen? Dann könnt ihr mit dem Ehegattensplitting spürbar Steuern sparen. Das Ehegattensplitting beschreibt also den steuerlichen Vorteil, den Ehepaare durch die gemeinsame Veranlagung haben.
Die Änderung der Steuerklasse kannst du einmal im Jahr vornehmen lassen, beantragt wird ein Wechsel der Steuerklasse beim Finanzamt. Unabhängig vom Zeitpunkt eurer Hochzeit könnt ihr das Ehegattensplitting rückwirkend für das gesamte Kalenderjahr beantragen, wenn ihr euch für III/V entscheidet.
Häufig ist die Person mit dem niedrigen Einkommen auch heute immer noch die Frau – sie wird in der Steuerklasse V stärker finanziell belastet, weil alle Freibeträge wegfallen; der Grundfreibetrag wird dem Partner oder der Partnerin gutgeschrieben. Sprecht also unbedingt darüber, wie ihr das in der Beziehung ausgleichen könnt und wie du auch mit einer höheren finanziellen Belastung jetzt fürs Alter vorsorgen kannst. Oder ihr entscheidet euch für die Kombination IV/IV mit Faktor, um die Lohnsteuerlasten gerechter zu verteilen.

Rechtliche Rahmenbedingungen
Es klingt vielleicht verstaubt, aber ihr versprecht euch nicht nur Treue, sondern auch eine abgesicherte Form des Zusammenlebens – die übrigens von der Verfassung besonders geschützt wird. Durch die Heirat entstehen für beide besondere Rechte und Pflichten. Dazu gehört die Unterhaltspflicht: Ihr seid beide unterhaltspflichtig, müsst euch also beide finanziell unterstützen, wenn ein Partner oder eine Partnerin kein eigenes Einkommen hat oder nicht für den eigenen Unterhalt sorgen kann. Außerdem seid ihr über die Beistandspflicht verpflichtet, einander im Leben zu unterstützen, sowohl finanziell als auch emotional.
In der Ehe haftet grundsätzlich jede Person für die eigenen Schulden – es sei denn, sie werden gemeinsam aufgenommen, zum Beispiel als Kredit für die gemeinsame Immobilie. Auch wichtig: Ehepartner haben ein Mitspracherecht bei medizinischen Notfällen; aber Vorsicht, die Ehe ersetzt nicht die Vorsorgevollmacht.
Versicherungen: Was bleibt, was geht?
Eine der wichtigsten Änderungen nach der Heirat betrifft die Krankenversicherung. Wenn du kein eigenes oder nur ein geringfügiges Einkommen hast und dein Partner oder deine Partnerin in der gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, kannst du kostenlos über die Familienversicherung mitversichert werden. Damit spart ihr Beitragskosten, die bei zwei getrennten Versicherungen anfallen würden. Ist dein Partner oder deine Partnerin privat versichert, zahlt ihr beide weiterhin eure Beiträge für euch selbst.
Die private Haftpflichtversicherung zählt zu den wichtigsten Versicherungen und sollte in keinem Haushalt fehlen. Nach der Eheschließung reicht in der Regel ein gemeinsamer Vertrag. Habt ihr beide noch eigene Haftpflichtversicherungen, könnt ihr eine davon kündigen und eure Verträge zusammenlegen. Überprüft dabei die bestehenden Versicherungen und stellt sicher, dass in Zukunft beide ausreichend abgesichert sind.
Die Hausratversicherung schützt euren gemeinsamen Besitz vor Schäden wie Einbruch oder Feuer. Wenn ihr zusammenzieht und bisher beide eine eigene Hausratversicherung hattet, reicht auch hier nach der Eheschließung eine gemeinsame Police. Dabei kann der Vertrag mit dem neueren oder umfangreicheren Schutz behalten, der andere gekündigt werden. Der Versicherungsschutz gilt automatisch für den gesamten Hausrat in der gemeinsamen Wohnung, aber Achtung, prüft, ob die Deckungssumme noch angemessen ist.
Auch bei der Rechtsschutzversicherung können Einzelverträge zusammengeführt werden. Prüft hier, ob zusätzliche Bereiche aufgenommen werden sollten, zum Beispiel Familienrecht, wenn ihr Kinder wollt.
Weitere Versicherungen wie eine Lebensversicherung oder eine Unfallversicherung können sich lohnen – lasst euch am besten beraten, was zu eurer neuen Lebenssituation passt. In diesem Artikel erfährst du mehr zu sinnvollen Familienversicherungen. Denkt daran, eine Namensänderung allen Versicherungen mitzuteilen!

Altersvorsorge: alles neu sortieren?
Die Altersabsicherung wird in der Ehe zu einem wichtigen Thema, gerade wenn du zum Beispiel durch Elternzeit oder Teilzeitarbeit deine Rentenlücke vergrößerst. Kümmere dich unbedingt um deine private Altersvorsorge – zum Beispiel mit einem Beratungsgespräch, in dem du erfährst, was du jetzt tun kannst, damit du später nicht in Altersarmut rutschst.
Der Güterstand: mehr als nur ein Begriff im BGB
Der Güterstand entscheidet, wie das Vermögen der Ehepartner während und nach der Ehe rechtlich behandelt wird. Standardmäßig gilt laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) die Zugewinngemeinschaft – doch es gibt Alternativen wie die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft, die durch individuelle Vereinbarungen geregelt werden können.
Zugewinngemeinschaft – was bedeutet das im Alltag?
Eheleute, die ohne Ehevertrag geheiratet haben, leben aus rechtlicher Sicht in einer Zugewinngemeinschaft. Dabei bleibt jede Person Eigentümerin des Vermögens, das sie in die Ehe eingebracht hat. Nur der sogenannte Zugewinn, also das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen, wird im Scheidungsfall aufgeteilt. Das bedeutet: Beide Eheleute profitieren zur Hälfte von der finanziellen Entwicklung. Bei einer Scheidung wird das Anfangs- sowie das Endvermögen der Eheleute gegenübergestellt. Die Differenz, der sogenannte Zugewinn, muss ausgeglichen werden – von der Person, die den höheren Vermögenszuwachs hatte. Wichtig zu wissen: Der Ausgleich kann nur mit Geld erfolgen. Bringt eine Person Schulden mit in die Ehe, haftet die andere Person nicht.
Wann ist Gütertrennung sinnvoll?
Gütertrennung ist vor allem sinnvoll, wenn eine Partnerin oder ein Partner ein hohes Vermögen oder große finanzielle Verantwortung mitbringt und dieses schützen will. Die Gütertrennung lässt sich im Ehevertrag vereinbaren und bewahrt beide Seiten davor, das Vermögen zu teilen.
Klarheit schafft Fairness – schon bei der Eheschließung. Die Regelungen im Güterstand geben Sicherheit, denn so vereinbart ihr von Anfang an, wie das Vermögen bei einer Trennung behandelt wird und ob der Zugewinn aufgeteilt werden soll oder nicht.

Ehevertrag – Klarheit von Anfang an
Ein notariell beglaubigter Ehevertrag gibt fair vor, was im Fall der Fälle gilt – für beide Seiten. Er schafft Transparenz und Fairness, indem er die finanziellen Rahmenbedingungen bei Trennung oder Scheidung regelt. Besonders sinnvoll ist der Ehevertrag für Paare mit einem deutlichen Ungleichgewicht in Einkommen oder Vermögen. Vor allem Frauen kann er in vielen Lebenssituationen Vorteile und Schutz bieten: Oft sind es schließlich immer noch Frauen, die im Lauf der Ehe finanziell zurückstehen. Elternzeit, Wechsel in Teilzeit, Verzicht auf die Karriere zugunsten von Kindern und Familie… In einem solchen Fall ermöglicht es der Ehevertrag, das Ungleichgewicht rechtlich und finanziell fair auszugleichen. Den Vertrag könnt und solltet ihr später anpassen, zum Beispiel bei der Geburt von Kindern.

Gemeinsames Konto? Entscheidung mit Weitblick
Ein Gemeinschaftskonto ist praktisch – aber nur mit klaren Absprachen, was über dieses gemeinsame Konto laufen soll. Der Vorteil: Ihr behaltet beide die Ausgaben im Blick und müsst kein Geld hin und her überweisen, um Kosten zu teilen. Wem gehört das Geld auf dem Gemeinschaftskonto? Euch beiden, denn ihr führt das Konto gemeinsam und habt gleichberechtigt Zugriff darauf.
Gemeinsames Leben – gemeinsame Ausgaben
Zusammenleben mit und ohne Trauschein bedeutet auch, die Finanzen fair und flexibel zu regeln. Ein Gemeinschaftskonto empfiehlt sich für gemeinsame Ausgaben wie Miete, Einkäufe, Internet und gemeinsame Versicherungen. Wichtig dabei: der Unterschied zwischen Oder-Konto und Und-Konto. Beim Oder-Konto könnt ihr unabhängig voneinander über das Guthaben auf dem Girokonto verfügen, ohne dass ihr eine Einwilligung von der anderen Person benötigt. Das gibt euch Freiheit, braucht aber auch Vertrauen. Im Gegensatz dazu setzt ein Und-Konto die Einwilligung von beiden voraus – das eignet sich zum Beispiel für Erbengemeinschaften, wird für euch als Eheleute im Alltag aber schnell unpraktisch.
Apropos Vertrauen: Was passiert mit dem Gemeinschaftskonto, wenn ihr euch trennt? In diesem Artikel erfährst du, worauf es ankommt. Unsere Empfehlung: Ergänze dein eigenes Girokonto zusätzlich mit einem Gemeinschaftskonto. So behältst du deine finanzielle Unabhängigkeit und kannst gemeinsame Ausgaben vom Rest trennen.
Kinder, Karriere, Kapital – langfristig planen
Die Familiengründung verändert nicht nur den Alltag, sondern auch die finanzielle Verantwortung und die Entwicklung eurer Karrierewege. Frühzeitige Planung hilft, damit die neuen Lebensumstände auf festem Fundament stehen.
Kinder und Karriere
Wer verzichtet, wer sorgt vor? Oft sind es die Frauen, die beruflich zurücktreten, um für die Kinder da zu sein. Je früher du mit deinem Partner oder deiner Partnerin über den Ausgleich und Alternativen der Altersvorsorge sprichst, desto besser. Denn eins ist klar: Wenn du auf deine Karriere zugunsten der Kinder verzichtest, bedeutet das einen Einkommensverlust – und eine spätere Rentenlücke. Längere Elternzeit oder Teilzeit: Beides beeinflusst deine finanzielle Situation erheblich. Kümmert euch um die gerechte Aufteilung; zum Beispiel, indem dein Partner oder deine Partnerin in Vollzeitarbeit einen Teil des Einkommens in deine Altersvorsorge investiert.
Für Eheleute ist der Versorgungsausgleich ein rechtlicher Schutz: Die Rentenansprüche, die während der Ehejahre aufgebaut werden, werden im Scheidungsfall fair geteilt. Allerdings fallen deine Rentenansprüche, wenn du in Teilzeit oder gar nicht arbeitest, entsprechend geringer aus.

Staatliche Unterstützung
Elterngeld, Kindergeld, anderes Steuerklassenmodell: Informiert euch über eure Möglichkeiten. Schon der Wechsel in eine andere Steuerklassenkombination kann viel Geld sparen. Dazu gibt es Kindergeld vom Staat: ein fester Betrag pro Kind, den du zum Beispiel im Rahmen eines Riester-Vertrags anlegen kannst. Das Elterngeld beträgt bis zu 67 Prozent des wegfallenden Einkommens und hilft während des ersten Lebensjahres des Kindes. In Baden-Württemberg kannst du das sogar online beantragen.
Fazit: Liebe ist, wenn Klarheit herrscht
Finanzplanung und finanzielle Selbstbestimmung in der Ehe haben nichts mit Misstrauen zu tun – sondern mit der Achtung voreinander. Ein starkes „Wir“ entsteht nur, wenn beide „Ichs“ sicher und unabhängig sind und bleiben. Vor allem für Frauen gilt: Female Finance heißt nicht, dem Partner oder der Partnerin Böses zu wollen, sondern sich selbst ernst zu nehmen. Dabei stärken frühzeitige Vereinbarungen das Vertrauen ineinander, und sie geben das gute Gefühl, für den Fall der Fälle vorgesorgt zu haben.